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Blog

176. Plenarsitzung: Berufsbildungsvalidierungs- und Digitalisierungsgesetz

Thema:

Zweite & Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs zu einem berufsbildungsvalidierungs- und Digitalisierungsgesetz (BVaDiG), Beratung & Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung & Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss)

Plenarprotokoll:

Plenarprotokoll 20/176

Redetext:

Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Auch wir finden es wichtig, dass wir uns um die berufliche Bildung kümmern, Herr Boginski; das sehen wir genauso. Gestern hat aber eine Kollegin – ich glaube, sie war aus der SPD – gesagt: Wenn man viel über ein Thema redet, ist das gut. – Ich sage: Nein, es muss auch das Richtige dabei herauskommen, und die Qualität muss stimmen.

(Zuruf von der SPD: Und hier haben wir beides!)

Die häufige Behandlung eines Themas ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung. Insofern möchte ich es vielleicht mal etwas konkreter darstellen.

Stellen wir uns Elke vor. Sie hat entschieden: Sie möchte Bürokauffrau werden. Sie hat sich beworben und auch eine Ausbildungsstelle gekriegt, hat dann aber Prüfungsangst bekommen und sich gedrückt. Die vorhandenen Betreuungssysteme haben nicht gegriffen. Sie hat es am Ende zwar geschafft, sich durchzuschlängeln und in dem Betrieb, in dem sie arbeitete, eine hervorragende Kraft zu werden und die Tätigkeiten, die von ihr verlangt wurden, in vollem Umfang zu erbringen, aber sie hat keine Ausbildung.

Wenn sie sich aus diesem Betrieb wegbewerben will, kann sie bei einem anderen Betrieb nicht nachweisen: Ich kann das, was ich dort gemacht habe. Sie braucht also das Wohlwollen des Betriebes, aus dem sie wegwill. Dafür haben wir die berufliche Ausbildung: Ein Mitarbeiter ist in dem Moment, in dem er einen Abschluss in Händen hält, selbstständig in der Lage, seine Fähigkeiten anderen gegenüber nachzuweisen. Und Elke ist nicht allein. Es gibt in den unteren Altersstufen mittlerweile 2,9 Millionen Menschen, die keinen Berufsabschluss haben, die also an dieser Stelle durch das Raster gefallen sind. Für diese Menschen gilt es eine Lösung zu finden.

Deshalb haben wir 2014 das Projekt ValiKom aufgesetzt, um die Validierung der Fähigkeiten, die Elke erworben hat, nachweisen und zertifizieren zu können, damit Elke in ein selbstständiges Leben entlassen werden kann und dort gut zurechtkommt. Das ist das Ziel.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Anja Reinalter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Friedhelm Boginski [FDP])

Das Problem sind also diese 2,9 Millionen Menschen ohne eine Ausbildung. Das gilt es mit einem vernünftigen Wirkstoff zu reduzieren. Aber wie bei allen Wirkstoffen muss man auf die Nebenwirkungen aufpassen. Und die Nebenwirkungen dürfen natürlich in keiner Weise darin bestehen, dass wir unsere bisherige berufliche Ausbildung gefährden, dass also unter Umständen jemand anderes – Anke, Thomas oder wie auch immer wir sie oder ihn nennen – dann sagt: Ich arbeite einfach schon mal, erwerbe Fähigkeiten und nehme eine Abkürzung; dann kann ich mir diese ganze Ausbildungssache sparen. – Das gilt es zu vermeiden.

Das Gesetz, das auf der Basis dieses Projektes eingebracht worden war, hat aber genau diese Gefahren beinhaltet. Deshalb war es wichtig, dass wir im parlamentarischen Verfahren ganz erheblich Kritik daran geübt haben. Diese Nebenwirkungen gilt es also zu reduzieren. Ein Punkt ist zum Beispiel die Einführung einer Altersgrenze – das war im Gesetz vergessen worden, oder man wollte es nicht aufnehmen –, dass man sagt: Erst ab 25 Jahren kann ein solches Validierungsverfahren greifen. Das ist nun eingeführt worden, und das finde ich auch gut so. An dieser Stelle freut es mich, dass – ich habe es gestern im Ausschuss schon gesagt – Vernunft sich Bahn gebrochen hat. Wir freuen uns natürlich, Herr
Boginski – schön, dass Sie sich bedanken –,

(Lachen des Abg. Friedhelm Boginski [FDP])

dass wir Sie dazu inspirieren konnten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, die
Sachverständigen!)

Es wurden auch noch weitere Punkte geändert. So wurden zum Beispiel bürokratische Entlastungen, die vom Bundesrat und auch von uns in einem entsprechenden Antrag gefordert wurden, von Ihnen vorgenommen. Was aber immer noch fehlt – das möchte ich an der Stelle sagen –: Das Pilotprojekt umfasste nur 22 Berufe.

Es gibt aber weit mehr – über 300 – Berufe. Wenn das Ganze ab dem nächsten Jahr laufen soll, dann muss jetzt nachgearbeitet werden. Elke ist Bürokauffrau. Gerade im Hinblick auf gefahrbehaftete Berufe, in denen zum Beispiel mit Strom umgegangen wird, Elektrik etc., müssen all diese Validierungsverfahren jetzt noch umgesetzt werden. Dazu brauchen die Kammern und die Beteiligten die entsprechende Zeit. Insofern wäre eine Stufeneinführung an dieser Stelle sinnvoll. Wir haben diese gefordert. Leider haben Sie das nicht gemacht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber insgesamt halten wir dieses Gesetz für wirksam, um den Elkes, Ankes und Thomas dieser Welt zu helfen. Am Ende wird aber nur eins entscheidend sein – das ist ganz wichtig, und das sollten wir alle uns auf Wiedervorlage legen –: dass wir von dieser Zahl der 2,9 Millionen jungen Menschen ohne Berufsabschluss runterkommen, und zwar merklich und in absehbarer Zeit. Denn am Ende geht es um Menschen, denen wir helfen wollen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)