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209. Sitzung: Gentechnik-Standort Deutschland
Thema:
Gentechnik-Standort Deutschland
Plenarprotokoll:
Redetext:
Stephan Albani (CDU/CSU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
Wir sind mitten in einer globalen Pandemie. Wir haben weltweit 2,3 Millionen tote Menschen zu beklagen, davon 64 000 Tote allein in Deutschland. Menschen, die wir schmerzlich vermissen, die nicht mehr Teil unserer Familien sind, die eine schmerzliche Lücke hinterlassen. Aber auch die langfristigen Schäden einer überwundenen SARS-CoV-2-Infektion können gravierend sein. Dazu gehören sowohl Lungenschäden als auch Kurzatmigkeit, neurologische Schäden bis hin zum Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn. Unsere Kinder leiden unter den Kontaktbeschränkungen und Einschränkungen, weil sie ihre Freunde nicht mehr treffen können.
Kurzum: Die Auswirkungen dieser Pandemie sind gravierend und werfen einen großen, dunklen Schatten auf unser Land. Doch es gibt einen Weg, der aus dieser Krise hinausführt. Dieser Weg wird uns bereitet von klugen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Er basiert auf wissenschaftlichen Methoden und Erkenntnissen und daraus entwickelten Technologien. Ja, die Entscheidungen, die aus diesen Erkenntnissen gezogen werden, obliegen der Politik. Aber für mich, der ich als Wissenschaftler mein halbes Leben für die evidenzbasierte Medizin gearbeitet habe und dies nun für die evidenzbasierte Politik tue, ist es wichtig, zu betonen, dass die Grundlage der Entscheidungen wissenschaftliche Erkenntnisse sind: sowohl für die Verhaltensmaßnahmen als auch für die medikamentöse Bekämpfung.
Die beiden BioNTech-Gründer haben im Januar 2020 die globale Gefahr des SARS-CoV-2 erkannt und haben ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motiviert und Ressourcen mobilisiert, um in die Impfstoffentwicklung einzusteigen. Gleiches gilt für CureVac, die ebenfalls früh erkannt haben, welche Gefahr in diesem Virus steckt. Diese Weitsicht hat zu einem wirksamen und sicheren Impfstoff auf der Basis der messenger-RNA-Technologie binnen eines Jahres geführt. Der Erfolg war keineswegs sicher, da die messenger-RNA-Technologie bisher noch nicht im Einsatz war.
Eigentlich war das Ziel von BioNTech ursprünglich die Krebsimmuntherapie, und ich weiß noch, wie intensiv die Diskussion hier war, ob dieser Ansatz schlussendlich erfolgreich sein wird. Wir haben dort noch viel zu erwarten. Hier gelang nun ein enormer technologischer Durchbruch, für den ich dankbar bin. Und wir alle sind dankbar und froh, dass er in Deutschland von talentierten und klugen Spitzenforscherinnen und -forschern erreicht wurde.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Obgleich die Entwicklung des Impfstoffs innerhalb kurzer Zeit gelang, hat die Forschung an der messenger-RNA-Technologie eine lange Vorgeschichte. Es liegt mir als Wissenschaftler nun wirklich völlig fern, die Politik für etwas zu loben, was ihr in diesem Bereich nicht zusteht. Insofern beziehe ich mich auf die Bewertungen der Geschäftsleitung von BioNTech beim Gespräch in unserer Arbeitsgruppe: Es war auch und insbesondere – nach deren Aussage – die frühzeitige öffentliche Förderung, die die Forschung ermöglichte.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Insofern ist es zulässig, zu sagen, dass dieser Erfolg ein Erfolg der Forschungspolitik und der Förderung von Spitzenforschung in den letzten 15 Jahren in Deutschland ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – René Röspel [SPD]: Sagen wir mal 20 Jahre!)
– Bei 20 bist du dabei. – Wir arbeiten intensiv und seit Langem dafür, dass wissenschaftliche Durchbrüche zu wirksamen Ergebnissen für die Menschen führen. Nachhaltig und langfristig bohren wir diese dicken Bretter beharrlich weiter, in allen Technologiebereichen und eben halt auch in der Biotechnologie, zu der die Gentechnik gehört.
BioNTech wurde bereits in der Gründungsphase, 2009, durch die Gründungsoffensive Biotechnologie, GO-Bio, gefördert. Die Gründungsoffensive fördert in der Frühphase die Gründung von Unternehmen aus den Lebenswissenschaften. Ebenfalls war BioNTech eingebettet in die Förderung von Clustern zur Vernetzung von Unternehmen und Hochschulen; beim sogenannten Cluster für Individualisierte ImmunIntervention, Ci3, wirkte diese Firma mit. Das führte zu weiteren Erfolgen. BioNTech wurde am Ende durch die öffentliche Hand mit 375 Millionen Euro, CureVac mit 252 Millionen Euro gefördert.
Wir haben damit ein exzellentes Umfeld geschaffen für weitere technologische und wissenschaftliche Durchbrüche.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Neben der Anerkennung der klugen Köpfe in diesem Land und der Forschungspolitik in den letzten 15 Jahren
(René Röspel [SPD]: 20!)
dürfen wir aber auch die Rolle der Unternehmer nicht vergessen, die an entscheidender Stelle das Potenzial dieser Technologie erkannt haben. Dietmar Hopp bei Cure-Vac und die Gebrüder Strüngmann bei BioNTech haben hier Wichtiges geleistet. Sie müssen noch Nachahmer finden; denn von den 6,3 Milliarden Euro an Risikokapital für deutsche Start-ups gehen bisher nur 1,5 Prozent in den Biotech-Bereich. Unser Ziel muss es sein, dass mehr Corporate-Venture-Fonds und Frühphasen-Geldgeber in die Biotechnologie gehen. Ich hoffe, der Erfolg von CureVac und BioNTech wird hierfür den Weg bahnen.
Hier zeigt sich, dass unsere Bemühungen, den Innovationsstandort Deutschland attraktiver zu machen und zu stärken, noch nicht abgeschlossen sind. So haben in Deutschland gerade viele Start-ups in der Skalierungsphase Probleme. Daher haben wir im November 2019 10 Milliarden Euro in einem entsprechenden Zukunftsfonds installiert, der über den Haushalt 2021 finanziert worden ist.
Wie Sie sehen, fallen gute Ergebnisse nicht einfach vom Himmel, sondern sind das Ergebnis langer, nachhaltiger Unionspolitik, die auf die Förderung von Spitzenforscherinnen und Spitzenforschern, exzellenten Universitäten und großen Forschungseinrichtungen setzt. Insofern an dieser Stelle: Ihr Antrag vom November letzten Jahres kommt hier etwas zu spät. Wir sind da schon weiter.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. René Röspel [SPD])
So fasse ich zusammen: Wir sehen in der erfolgreichen Impfstoffentwicklung im letzten Jahr ein hervorragendes Beispiel, wozu Menschen fähig sind, wenn alle zusammenarbeiten, wenn wir uns gemeinsam anstrengen, wenn den klügsten Köpfen die Mittel zur Verfügung gestellt werden, die sie zur Verwirklichung ihrer Ideen brauchen. Wir tun dies in der großen Palette zukunftsorientierter Technologien und eben auch und bereits erfolgreich im Bereich der Biotechnologien. Damit sind wir auch in der Lage, so etwas wie Corona zu besiegen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)