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167. Plenarsitzung: Forschung & Technikfolgenabschätzung
Thema:
Forschung und Technikfolgenabschätzung
Drucksachen:
Redetext:
Stephan Albani
(CDU/CSU):
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Louis Pasteur, bekannt aus Medizingeschichte und H-Milch,
(Heiterkeit)
sagte einmal: „Der Wille öffnet die Türen zum Erfolg.“ Das hat mich, meine Kolleginnen und Kollegen und den Koalitionspartner in den vergangenen Monaten bewegt. Heute debattieren wir das Ergebnis im Hinblick auf eine verbesserte, beschleunigte Gesundheitsversorgung. Das Ziel des Antrags ist dabei klar definiert: Er soll dabei helfen, den Transfer neuer Diagnostika, Therapeutika, Medizintechnikprodukte und anderer medizinischer Innovationen in die Patientenversorgung zu beschleunigen. An erster Stelle steht aber natürlich – auch im Hinblick auf Sicherheit – unfraglich das Wohl des Patienten.
Warum ist es dafür allerhöchste Zeit? Dies zeigt ein Blick in die Transferforschung. Untersuchungen zufolge muss ein Patient heute rund 14 Jahre warten, bis ein innovatives Medizinprodukt aus der Forschung bis an das Bett des Patienten kommt. Diese Dauer ist für viele Patienten zu Recht nicht hinnehmbar. Denn die Aufnahme einer Innovation in die Versorgung erlebt so mancher unter diesen Rahmenbedingungen nicht mehr, und das ist nicht akzeptabel.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Man fragt sich zu Recht, warum neue Impfstoffe oder Prothesen derart lange brauchen, um auf dem Markt anzukommen. Sich an den schnellen Produktzyklen anderer Produktmärkte und -bereiche zu orientieren, ist dabei mit Sicherheit falsch. Schauen wir uns aber die Gründe für diesen enorm zeitintensiven Innovationstransfer an. So geht die Anwendung mit einer ungleich höheren Verantwortung gegenüber dem Endkunden, dem Patienten, einher. Patientensicherheit ist zu Recht das höchste Gut medizinischer Versorgung. Auch ist der Innovationsprozess von der Forschung über die Wirtschaft bis hin zur Versorgung und deren Refinanzierung sehr komplex. So sind auch die Dinge, die es noch zu verbessern gilt, sehr vielschichtig und vielseitig. Wir sprechen dabei von verbindlichen Fristenregeln, wir sprechen von der Verfügbarkeit von Wagniskapital und der Verbesserung von Risikobereitschaft bei Forscherinnen und Forschern sowie Unternehmern.
Zwei Beispiele. Ein innovativer Test zur Früherkennung des Gebärmutterhalskrebses brauchte in Deutschland 17 Jahre, bis er nun, in 2018, endgültig im Gesundheitssystem ankommt. Bei dem Medizinprodukt Retina-Implantat, also bei der Möglichkeit, Blinde wieder sehen zu lassen, hat die Forschung Hervorragendes geleistet. Hier ist viel Geld investiert worden. Aber nun fehlt das Geld für die klinischen Studien. Das Produkt und seine Entwicklung gehen ins Ausland. Das sind Dinge, die wir eigentlich nicht akzeptieren wollen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Nicht zuletzt: Man kann es auch den Wissenschaftlern in Deutschland nicht verdenken, dass sie den Transfer ihrer Erkenntnisse in Produkte zunächst einmal hintanstellen, werden sie doch im Wesentlichen nach der Zahl ihrer Publikationen, nach Masse und natürlich auch nach Qualität, bewertet. So endet manche Idee in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift – inklusive der zugehörigen Schublade in der Universität. Da müssen wir sie herausholen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Unser Antrag fordert nun Maßnahmen in folgenden drei Handlungsbereichen:
Erstens. Transferhemmnisse müssen abgebaut werden, ohne dabei das Niveau des Patientenschutzes zu reduzieren. Wir wollen Zeiten klinischer Studien – Stichworte: Begleitdiagnostik, Bundesamt für Strahlenschutz – für verbindlich erklären lassen, damit man weiß, wann die Tests beginnen können, und damit nicht beliebig lange geprüft wird.
Auch soll ein Hauptaugenmerk bei den künftigen Evaluationen der Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung gerade auf dem Transferaspekt liegen. Über das „Rahmenprogramm Gesundheitsforschung“ im BMBF und die Innovationsfonds soll der Transfer in der Versorgungsforschung beschleunigt werden. Zudem fordern wir ein neues Fachprogramm Medizintechnik mit einer klaren Orientierung auf Transfer und Versorgung.
Zweitens gilt – hier zitiere ich noch einmal den Kollegen Pasteur -:
Eine wissenschaftliche Entdeckung ist nie die Arbeit von nur einer Person.
Das darf ich als Wissenschaftler sagen. Diese Idee der Zusammenarbeit war schon im 19. Jahrhundert richtig, und sie ist im 21. Jahrhundert noch richtiger. Daher fordern wir in unserem Antrag, die Interdisziplinarität in der Forschung und – in der politischen Abstimmung – das Zusammenwirken über die Ressortgrenzen hinweg.
Drittens. Am Ende sind es Unternehmen, die die Ideen in den Markt bringen. Daher fordern wir in unserem Antrag eine weitere Stärkung der Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft. Ein probates Mittel sind etwa Ausgründungen aus der Wissenschaft, die wir mit dem nötigen Wagniskapital ausstatten wollen. Das ist übrigens eine der Rahmenbedingungen, bei denen wir weit, weit hinter den USA zurückbleiben.
(Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie bei der steuerlichen Forschungsförderung!)
Am Ende unseres Antrags soll also ein integrierter Politikansatz in der Gesundheitsforschung, -wirtschaft und -versorgung stehen. Dieser soll über Marktregularien, rechtliche Rahmenbedingungen sowie über die Forschungsförderung den Innovationstransfer beschleunigen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Lassen Sie uns im Interesse der Patientinnen und Patienten – zu denen wir hoffentlich nicht gehören, mitunter aber auch gehören können – weitere Schritte in Richtung eines schnelleren Transfers medizinischer Forschung unternehmen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)